Bildende Künstlerin
1965 in Rhede/Westfallen geboren studierte Brigitte Dams zwischen 1989 und 1997 an der Kunstakademie Düsseldorf bei Michael Buthe und Jannis Kounellis. Viele Arbeitsstipendien führten sie u.a. nach Simbabwe, USA, Süd-Korea, Ägypten oder Israel. Ihre Werke wurden in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen präsentiert, in diversen Katalogen publiziert und sind in verschiedenen Sammlungen vertreten. Brigitte Dams lebt und arbeitet in Düsseldorf.
FKB: Brigitte, wie beschreibst du selbst deine künstlerische Arbeit? Woher beziehst du deine Inspiration?
Brigitte: Das ist eine sehr komplexe Frage. Um es ein bisschen kürzer zu fassen: Ich arbeite mit unterschiedlichen Materialien aus verschiedenen Zusammenhängen. Mich interessieren dabei elementare bildhauerische Fragestellungen. Die Zusammenhänge zwischen Innen und Außen, Schichtungen und Überlagerungen, Strukturen und Muster. Haptische Qualitäten und die Möglichkeiten des Materials, aus der Linie heraus Volumina zu bilden und die räumliche dynamische Ausdehnung zu erkunden. Aus ’Strukturen etwas bauen‘ würde ich sagen; ich stelle Beziehungen her zwischen Material und Form, zwischen Form und Raum, zwischen dem Werk und Betrachtendem. Ich liebe Baustellen, aber auch Pflanzen und deren organische Strukturen, Mikro- und Makrokosmos…
FKB: Gibt es einen roten Faden, der deine Werke miteinander verbindet?
Brigitte: Eigentlich ist es die Suche nach Strukturen, die Zeichnung ist dabei eine Art Suchprozess. In Umriss-Zeichnungen nähere ich mich der Form, versuche die Gegenstände und Dinge, die mich interessieren, festzuhalten, mir zu vergegenwärtigen, eigentlich so eine Art Essenz daraus zu finden und meine Gedanken festzuhalten, zu ordnen. Die Zeichnungen überarbeite ich mehrfach, sie werden zu Collagen, in denen ich Papier und Karton schichte und Dinge wieder verberge, eigentlich in Überlegung zu meinen bildhauerischen Arbeiten und auf Installationen hin. Das ZeichenPapier entspricht der Wand, dem Raum, mit plastischen Arbeiten und Objekten. Die räumlichen Arbeiten entstehen dann oft erst für einen spezifischen Ort, aber in ähnlicher Weise, schichtend und überlagernd gebaute Strukturen. Neben anderen Verbindungen von Materialien nutze ich dazu auch Techniken des Webens und Verflechtens. Es gibt Schnittstellen zur Architektur.
FKB: Im Jahre 2008 warst du Stipendiatin der Förderung Präsenz vor Ort. Welche Erinnerungen hast du an dieses Jahr? Was hat dir dieses spezielle Stipendium für Künstlerinnen mit Kindern ermöglicht?
Brigitte: Meine persönliche Situation hatte sich in dem Jahr sehr verändert, meine Tochter war da 10 Jahre alt, es war insgesamt ein Jahr des großen Umbruchs. Das Stipendium hat mir ein konstantes Arbeiten ermöglicht, ohne Wohnortwechsel und ohne finanzielle Sorgen. Das hat mir viel neue Energie gegeben und einiges angestoßen, auch die ideelle Unterstützung durch das FKB hat mir gut getan. Ich habe unheimlich viel gearbeitet und entwickelt, eine Reihe von Ausstellungen gemacht, im Kunsthaus Kornelimünster und es gab auch einen Ankauf durch das Land NRW.
FKB: Wie hast du die schlimmste Phase der Corona-Krise überstanden? Konntest du künstlerisch arbeiten?
Brigitte: Die Frage ’Warum ist Scheitern ein mögliches und wichtiges Prinzip in der künstlerischen Praxis?‘ hat mich anfangs sehr umgetrieben.…von Selbstzweifeln und der Lust am Scheitern angespornt habe ich versucht die Corona-Krise als Chance zu nehmen. Rückzug quasi als ’Home-Residency‘. Dann hatte mir auch das Mikrostipendium des FKB die Realisierung eines Projekts ermöglicht. Das künstlerische Arbeiten selbst war zuerst nicht das Problem, eher die fehlende Möglichkeit, neue Projekte und Installationen für bestehende Räume zu realisieren. Durch den Wegfall der Jobs im LockDown gab es plötzlich ganz viel Zeit im Atelier, das war zunächst erstmal ein sehr positiver Aspekt. Finanziell haben Stipendien etwas geholfen. Mir fehlte nach den ersten Monaten aber besonders der Austausch mit KünstlerKolleg*innen und anderen Menschen, das Gefühl, keiner sieht meine Arbeiten, ich kann kein ’Echo‘ hören.
FKB: Was hat dir geholfen? Hast du andere Dinge begonnen?
Brigitte: Glücklicherweise konnte ich die Zeit der Pandemie auch nutzen für die Arbeit an meinem Katalog, eigentlich die vergangenen 1,5 Jahre. Eine Zeit des Rückblicks und künstlerisch ordnend, klärend; in jedem Fall eine große Herausforderung und ich bin sehr dankbar, dass ich das in dieser Zeit so machen konnte. Meine Familie hat mich dabei sehr unterstützt, einige Sammler und Freunde ebenfalls, materiell und ideell, das Museum Goch, wo ich 1998 meine erste Einzelausstellung hatte, auch das FKB. Und natürlich meine merveilleuse Grafikerin Adeline Morlon. Aber ohne den Zwang zu innerer Reflexion wäre es so nicht möglich gewesen, auch nicht ohne die Stipendien des Landes…
FKB: Welche Rolle spielen dabei die sozialen Medien?
Brigitte: Im vergangenen Jahr hatte ich begonnen meine Werke in den sozialen Medien FB und Insta zu zeigen, plötzlich gab es wieder eine Art Austausch, so etwas wie virtuelle Atelierbesuche und Einblicke bei den KünstlerKolleg*innen. Bei einer Ausstellung später kamen dann Besucher, die sich meine Arbeiten auch ‚in echt‘ ansehen wollten… das fand ich gut. Die sozialen Medien können das reale Werk auf einer anderen Ebene ergänzen, Neugier wecken, die eigene Präsenz zeigen. Die wirkliche Begegnung mit Kunst ersetzen können sie sicher nicht, es fehlt das haptische, das drumherum gehen können, die Möglichkeit sich in Beziehung zu setzen. Nun sind leider schon wieder Ausstellungen und Projekte wegen der Corona-Krise abgesagt.
FKB: Brigitte, woran arbeitest du gerade? Was macht dein Katalog?
Brigitte: Mein Katalog ’Stories Unfolded’ ist ganz druckfrisch und gerade fertig geworden. Darüber bin ich sehr glücklich! Herausgeber ist das Museum Goch, und er erscheint im Pagina Verlag. Im Moment arbeite ich an einer Reihe von ‚weavings’ , kleinen gewebten Kacheln aus unterschiedlichem Gurtband, die in der Zusammenschau in großer Menge die Wand füllen werden. Organisation, Strukturierung und das Ineinandergreifen von Ordnungsprinzipien werden durch die Muster und Vernetzungen sichtbar, ineinander verwoben wachsen und vergehen die elementaren Strukturen, werden sich auch weiter im Raum ausdehnen.
FKB: Wie sehen deine Pläne für das nächste Jahr aus?
Brigitte: Zu Beginn des Jahres wird es ein Katalog-Release geben, mit einer kleinen Edition. Und ich habe einige Ausstellungen vorzubereiten. Es gibt verschiedene Projekte, von denen ich sehr hoffe, dass sie auch stattfinden werden. Im Frühjahr freue ich mich auf eine Ausstellung auf der Raketenstation, Museumsinsel Hombroich Außerdem werden einige verschobene Projekte, die in diesem Jahr ausgefallen sind, in 2022 stattfinden. Und ich hoffe dabei natürlich, dass wir alle gesund bleiben.
Das Interview führte Heidi Matthias