Roman von Ulla Lenze
Anhand von Briefen und der Biografie ihres Großonkels erzählt Ulla Lenze die Geschichte des deutschen Funkers Josef Klein, der 1925 in die USA auswandert und als unscheinbarer Amateurfunker die Aufmerksamkeit von Nazi-Spionen auf sich zieht. Seine Arglosigkeit führt ihn zunächst in die Gesellschaft von Faschisten, seine Angst vor ihnen schließlich zum FBI. Unfreiwillig wird er so zum Doppelagenten. Nach Kriegsende erhält er eine milde Strafe und wird in seine Heimat abgeschoben. Nach einiger Zeit im bescheidenen Seifengroßhandel seines Bruders im zerbombten Neuss zieht es ihn nach Argentinien, dann nach Costa Rica.
Zurückhaltend, knapp und ohne zu werten verknüpft Ulla Lenze viele historische Details zu einer durch Zeiten und Orte springenden spannenden Fiktion über einen Agenten ohne Überzeugung und Reue; ein eindringlicher, hochsensibler Roman über Schuld, Moral und Verantwortung. Das Gespenstische an «Der Empfänger» ist eine Aktualität, die aber niemals deutlich ausgestellt wird. Die Aufmärsche und Veranstaltungen der amerikanischen Nazis ähneln den heutigen Veranstaltungen von Verschwörungstheoretikern und Fundamentalisten.
Am 6. September 2020 wird Ulla Lenze der mit 10.000 € dotierte Niederrheinische Literaturpreis für ihre Erzählung „Der Empfänger“ in Krefeld verliehen.
„Der Empfänger“, Klett-Cotta-Verlag, 2020. 302 S.
Bild: Buchumschlag „Der Empfänger“, Klett-Cotta-Verlag